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Keine bleibenden Lackanhaftungen

Versuch – Anhänger gegen Fahrzeugheck.

Der Besitzer eines Mercedes-Benz T-Modells stellte nach der Rückkehr zu seinem geparkten Fahrzeug einen Schaden am Heck fest. Dieser verlief von der Mitte bis zur rechten Seite des Hecks. Eine Zeugin hatte beobachtet, dass ein anderer Pkw mit angehängtem Einachsanhänger rückwärts gegen das Heck des Mercedes gefahren sei und sich dann, ohne die Kollision zu bemerken, vom Unfallort entfernt habe. Die Polizei besichtigte sowohl den Mercedes als auch etwa erst einen Monat später den Anhänger nach und konnte an dem Anhänger weder Schäden noch sonstige Spuren in Form von Lackpartikeln o. Ä. an dem Anhänger feststellen. Zusätzlich gab der Fahrer des Anhänger-Gespanns an, dass er auf dem Parkplatz nur vorwärts gefahren und eine Kollision somit gar nicht möglich gewesen sei.

Die an dem Mercedes vorhandenen Beschädigungen passten augenscheinlich nach eigens durchgeführter Gegenüberstellung und Höhenzuordnung zu den am Anhänger für eine Schadenverursachung in Betracht kommenden und hervorstehenden Bauteilen.

Um den Schadenmechanismus nachvollziehen zu können, wurde abschließend eigens ein Versuch durchgeführt. Dabei wurde ein Anhänger, welcher einen nahezu baugleichen Verriegelungsmechanismus an dessen Heckklappe vorwies, rückwärts von Hand gegen das Heck eines Opel Corsa B geschoben.

Vorab wurde die Streuscheibe der Rückleuchte demontiert, um an dem für den Versuch geliehenen Privateigentum einen Schaden auszuschließen, und eine Verkleidung aus dünnem Blech vor dem Leuchtenträger angebracht. Die angestrebte Anstoßkonstellation ist sowohl als seitlich zu sehende Höhenzuordnung als auch in Draufsicht mittels einer Drohne fotografiert worden. Der Versuchsablauf konnte ebenfalls mit Hilfe der Drohne in der Draufsicht festgehalten werden. Zusätzlich ergab sich hieraus noch der Vorteil, die Geschwindigkeit des von Hand geschobenen Anhängers anhand eines auf dem Boden platzierten Maßstabes mühelos relativ genau zu etwa 9 km/h bestimmen zu können.

Die aus der Kollision hervorgegangenen Schäden finden sich in Bild 1 (oben). Entscheidend ist hierbei, dass die Beschädigungen am Heck des Opel Corsa sowohl in Gestalt als auch Intensität denen des im Fall beschädigten Mercedes glichen. Jedoch ist festzustellen, dass am Anhänger keine direkt erkennbaren Beschädigungen vorhanden sind, s. Bild 3. Erst bei sehr genauem Hinsehen fiel auf, dass an der rundlichen Öse des Verriegelungsmechanismus der Heckklappe des Anhängers zwei minimale Lackpartikel hingen, s. Bild 4. Hier wurde, um die Haftung dieser Partikel zu prüfen, ein Video aufgezeichnet. Es wurde lediglich durch eine Person mit dem Mund aus einer Entfernung von etwa 30 cm gegen die Öse gepustet, woraufhin die Lackpartikel wegflogen (Bild 5). 

Es zeigt sich, dass ein Anhänger unter einem bestimmten Winkel keine direkt erkennbaren Beschädigungen aus einer solchen Kollision davon tragen muss. Zusätzlich wird deutlich, dass auf der recht rauen Oberfläche der Anhängerbaugruppen die durch die Kollision abgetragenen Lackpartikel keine gute Haftbarkeit besitzen, sodass diese durch Fahrtwind oder auch nach der Kollision einsetzenden Regen ohne weiteres wegfliegen bzw. weggespült werden können.

Zum Versuchsvideo auf YouTube ->

B.Sc. Felix Blase ifu leipzig/westfalen
Veröffentlicht in: VKU Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 10/2020

Bild 2

Bild 3
Bild 4
Bild 5